Talgklümpchen behindern das Herauswachsen der Haare
Jedoch beobachteten die Wissenschaftler bei den Mäusen mit abgeschalteter Fettsäure-2-Hydroxylase neben eher geringen Beeinträchtigungen im Gehirn vor allem Störungen des Fells: dünnes Haarkleid und einen zyklischen Haarausfall. „Die Drüsen an den Haarbälgen waren gestört und produzierten einen Talg, der eine deutlich veränderte Zusammensetzung aufwies“, berichtet Eckhardt. Der Talg besteht aus Fett und fettähnlichen Stoffen, die eine Art Schmiermittel für das Haarwachstum bilden. Bei den untersuchten Mäusen wies der Talg aber Klümpchen auf, die den Haarkanal verstopften und dazu führten, dass die Haare nicht so leicht auswachsen konnten. Außerdem fielen sie viel schneller aus als gewöhnlich. „Wir vermuten mechanische Ursachen“, sagt der Biochemiker der Universität Bonn. „Wenn die Haare zusammen mit relativ festen Talgklümpchen im Haarkanal sitzen, sind sie wahrscheinlich nicht mehr so stabil verankert und fallen dann leichter aus.“
Wie defekte Schrauben an einem Auto
Die Bonner Forscher schließen aus diesem Ergebnis, dass die Fettsäure-2-Hydroxylase an ganz unterschiedlichen Stellen des Stoffwechsels eine Funktion ausübt. „Das lässt sich entfernt mit Schrauben an einem Auto vergleichen“, erklärt Dr. Eckhardt. „Wenn sich an entscheidenden Stellen des Wagens dieser bestimmte Schraubentyp lockert und ausfällt, kann dies unterschiedliche Folgen haben – den Verlust eines Rades oder des kompletten Motors.“ Übertragen bedeutet das: Wird das für FA2H zuständige Gen ausgeschaltet, ist die Produktion von unterschiedlichen Lipiden im Gehirn und in den Talgdrüsen beeinträchtigt.
Die Ergebnisse lassen sich aber vermutlich nicht von der Maus auf den Menschen übertragen. „Bei Patienten mit einem Defekt in der Fettsäure-2-hydroxylase sind Haare und Haut unauffällig“, berichtet der Bonner Biochemiker. Zudem unterscheidet sich die Zusammensetzung des Talgs in den Drüsen der Mäuse deutlich von denen des Menschen. Mit dem Ergebnis des Teams werden sich also absehbar keine Glatzen kurieren lassen. Die Wissenschaftler wollen nun aber mehr über das FA2H und andere Gene herausbekommen, die an Erkrankungen der „weißen Substanz“ beteiligt sind.