Vorgeburtlicher Stress kann sich laut einer aktuellen portugiesischen Studie direkt auf die Suchtanfälligkeit beim Heranwachsenden auswirken. Im Tierversuch wurde zudem auch beobachtet, dass solche stressbedingten Auffälligkeiten rückgängig gemacht werden konnten.
Mutter und ungeborenes Kind sollen sich schonen, so lautet die Empfehlung von Experten. Damit ist nicht gemeint, dass Schwangere untätig sein sollen – im Gegenteil, regelmäßige Bewegung hat sich als förderlich erwiesen – aber Hektik und Stress sollten werdende Mütter möglichst fernhalten. Nicht immer ermöglichen die individuellen Lebensumstände jedoch eine entspannte Schwangerschaft. Nimmt der Stress überhand, kann dies weitreichende Folgen für das ungeborene Kind haben.
Im Fachjournal „Molecular Psychiatry“ erläutern portugiesische Wissenschaftler ihre jüngste Studie zum Einfluss von vorgeburtlichem Stress. Tragende Rattenweibchen wurden Stress-Hormone injiziert, um so vorgeburtlichen Stress zu simulieren. Die Forscher um Ana João Rodrigues und Nuno Sousa von der Universität Minho in Braga stellten fest, dass die erwachsenen Tiere Gehirnanomalien ähnlich den Anomalien drogensüchtiger Menschen aufwiesen und entsprechen suchtanfälliger für Alkohol und Opiate waren. Den erstaunlichen Effekt der Reversibilität beobachteten die Wissenschaftler bei Ratten nach der Verabreichung des Neurotransmitters Dopamin, das im Volksmund auch als sogenanntes Glückshormon bekannt ist. Sowohl die Gehirnanomalien als auch die Suchgefährdung ließen sich durch regelmäßige Verabreichung von Dopamin rückgängig machen – allerdings nur für eine begrenzte Zeit, wenn die Dauer der Gabe zu kurz war.
Rodrigues und ihre Kollegen sind sich darüber im Klaren, dass der Weg bis zu einem möglichen pharmakologischen Einsatz von Dopamin noch lang ist. Vorstellbar sind Vorbeugung und Behandlung von Suchterkrankungen. In einer Langzeitstudie, die derzeit in Kanada als „Project Ice Storm“ läuft, bestätigen sich die Folgen der vorgeburtlichen Belastung beim Menschen. 1998 waren in Quebec werdende Mütter als Folge eines Eissturms erhöhtem Stress durch wochenlange Stromausfälle ausgesetzt gewesen. Die heute 13jährigen Kinder weisen ebenfalls Gehirn-Anomalien auf.